Vom Geist des Heimatforschers (5)

4. Februar 1939

In den „Heimatblättern“ Nr. 5, 1939 erscheint ein von Kölling verfasster Bericht über das Treffen der Großfamilie „Steding“ in Welsede. Weil es von rasse-(!)politischem Interesse war, „nahmen der Kreisleiter der NSDAP mit seinem Stabe und der Amtsleiter des Rassepolitischen Amtes teil.“

Kölling hält einen Vortrag „über Sippenkunde“ mit seinem bekannten Credo:

Unser Volk muß wieder den natürlichen Sinn für Rasse und Familie in sich aufnehmen.

======================= Hintergrund ==============================

Dass nationalsozialistische „Sippenkunde“ keine harmlose „Familienforschung“ war, sondern  r a s s i s t i s c h e  Motive und Ziele hatte, zeigen nicht nur das Vokabular und die Zuständigkeit des Amtsleiters für Rassepolitik, sondern - für jeden Schaumburger lesbar - eine Erläuterung in den „Heimatblättern“ der Schaumburger Zeitung vom 28.05.1938. 

Es sei die

erste wichtige Aufgabe der Reichsstelle für Sippenforschung und des Amtes für Sippenforschung der NSDAP die Ausscheidung artfremden Blutes aus unserem Volkskörper nach den gesetzlichen und parteiamtlichen Bestimmungen.“

Dazu befasste sich das Amt mit der Erstellung von „Ariernachweisen“ und der „Verkartung“ von Kirchenbüchern. Zudem „würden nebenher noch die Auszüge insbesondere aus den Judenregistern fortlaufend eingearbeitet.“

Ziel war es,

„bis auf den einzelnen Mann festzustellen, wie stark sich die Vermischung mit fremdem Blut heute in unserem deutschen Volkskörper ausgewirkt habe.“

Das sind die bekannten Formulierungen, die auch Kölling verwendet.

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16. März 1939

Am Jahrestag des „Anschlusses“ Österreichs vertritt Kölling den Ortsgruppenleiter und führt zu Anfang aus [16],

daß wir uns zu dieser Feierstunde zusammengefunden hätten, um ein Bekenntnis abzulegen zum großen Werk des Führers, der vor einem Jahr die Ostmark eingeholt und damit Großdeutschland geschaffen habe. Einzig und allein sei dies das Werk Adolf Hitlers. Wir hätten ihm dafür zu danken und erneut zu geloben, allzeit seine getreuen Soldaten zu sein.

Dies wurde dann verdoppelt durch eine „Rede des Pg. Fr. Kölling, in der [er] die Tat des Führers, die Schaffung Großdeutschlands würdigte.“

 

 

20. April 1939

Bei einer Feier zu „Führers Geburtstag“ im Ratskeller tritt Kölling als alleiniger Redner auf und spricht „über den Führer und sein Werk“ und schließt:

Wir geloben unserem Führer, daß uns niemand irre machen soll im Glauben an Deutschland, wir geloben unserem Führer unwandelbare Treue, denn wir haben erlebt, daß Treue, Kameradschaft und Opferbereitschaft uns groß und stark machten, wir vertrauen auf seine sichere und entschlossene Führung. Zu seinem Ehrentage ist unser einziger Wunsch: Lang lebe der Führer!

 

 

Januar 1940

Mit dem Überfall Deutschlands auf Polen im September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. Der Polenfeldzug endet mit der Eroberung Warschaus. Kölling schreibt darüber einen Kriegsbericht.[17]

 J u d e n h e t z e  gehört dazu. Nach dem Waffenstillstand strömen aus der belagerten Stadt Warschau Tausende von Menschen, die vor Hunger auf den Feldern nach Kartoffeln graben.

Unter ihnen sind auch Kaftanjuden, die wohl zum ersten Male in ihrem Leben Kartoffeln ausroden. Am nächsten Tag erzählen Polen, daß die Juden diese Kartoffeln in Warschau zu Wucherpreisen verkaufen. Der Landser kann mit Juden umgehen.  Er läßt ihn ruhig arbeiten, bis der Sack gefüllt ist. Dann bietet er ihn großzügig einem Polen an. Die Juden meiden später diese Gegend.

Auch den Einmarsch der Eroberer in Warschau versieht Kölling mit einem 

a n t i j ü d i s c h e n  Passus. 

In einem Stadtviertel lugen hinter geschlossenen Fenstern und durch Eisengitter Kaftanjuden mit ihrem Anhang hervor. Sie haben sich auf den abgeschlossenen Höfen gesammelt und starren schweigend und unbeweglich mit ihren dunklen Augen auf die Marschkolonne. 

Sie wittern, daß jetzt eine andere Zeit kommt.

Eine menschenverachtende Drohung - die bekanntlich zur schrecklichen Wahrheit wurde - geschrieben im Vokabular des Antisemiten:

Juden haben keine Familie, sondern "Anhang". Juden ahnen nichts, wie andere Menschen, sondern sie "wittern", wie Tiere.

Hitler nimmt in Warschau den Vorbeimarsch seiner Truppen ab. Bei Kölling liest sich das so:

Das erhebendste Erlebnis des ganzen Feldzuges aber ist der Vorbeimarsch vor dem Führer und Oberbefehlshaber der Wehrmacht am 5. Oktober […] es ist die höchste Ehre, es ist der stolzeste Tag für den Krieger nach einem einzigartigen Feldzug, in dem ein Millionenheer vernichtet wurde, vor dem ersten Soldaten des Reiches zu marschieren. 

 

 

April 1940

Der Chefredakteur der nun NSDAP-eigenen Schaumburger Zeitung Börner gibt unter dem Titel „Heimatbriefe“ ein Mitteilungsblatt der Ortsgruppen an ihre Frontsoldaten heraus. Der Oldendorfer Teil wird fast immer von Kölling verfasst. Zu Hitlers Geburtstag dankt er

der genialen, vorausschauenden Leitung unseres Führers und appelliert [18]:

So wollen wir […] Front und Heimat, zusammenstehen und uns durch nichts trennen lassen. Der Geburtstag Adolf Hitlers, den wir in diesen Tagen feiern, soll uns ein Anlaß sein, aufs neue unserem geliebten Führer treueste Gefolgschaft zu geloben. […]

Heil Hitler! Fr. K. 

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[16] SZ 16.03.39

[17] SZ 16.-18.01.1940

[18] Heimatbrief Nr. 10, 1940